New Work oder Good Work?

Autor: Mag. (FH) Peter Müllner – Organisationsberater und New Work Experte bei BRAINS AND GAMES

Zwischen Remote Work, Deep Work und der Sehnsucht nach Beziehungen…

Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel – wieder einmal. Doch diesmal ist es anders. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass vieles möglich ist, was vorher undenkbar schien. Homeoffice wurde quasi über Nacht zum neuen Normal, Remote Work funktionierte plötzlich überall. Doch jetzt, wo die Unternehmen ihre Mitarbeiter:innen wieder ins Büro zurückholen möchten, stellen sich neue Fragen: Was macht eigentlich gute Arbeit aus? Was brauchen Menschen wirklich, um produktiv und zufrieden arbeiten zu können?


Die unterschätzte Kraft der Beziehungen

New Work-Expertin Jule Jankowski, die bereits über 200 Podcast-Folgen zu diesem Thema veröffentlicht hat, bringt es auf den Punkt: Es geht um Beziehungen. Wenn man Mitarbeiter:innen fragt, was ihnen im Homeoffice am meisten fehlt, fallen nach einer kurzen Nachdenkpause Begriffe wie "Kolleg:innen", "Austausch", "Plaudern" und "informelle Gespräche".

Der Jogginghosen-Komfort und der heimische Kaffee sind zwar angenehm, aber sie können eines nicht ersetzen: die "weak ties" – jene zufälligen Begegnungen und ungeplanten Gespräche, aus denen oft die besten Ideen entstehen. Zwar etablierten sich während der Lockdowns diverse digitale Tools für virtuelle Begegnungen, doch seit der Möglichkeit zur Bürorückkehr sind diese weitgehend von den Bildschirmen verschwunden. Nur internationale Teams nutzen sie noch regelmäßig.


Deep Work: Der neue Fokus

Parallel zur Sehnsucht nach Beziehungen wird ein lange bestehendes Bedürfnis immer deutlicher: Deep Work. Der Wunsch nach konzentrierter Einzelarbeit war schon immer da, wird aber in der zunehmend vernetzten Arbeitswelt drängender. Kevin Herla, ein Vertreter der Gen Z, berichtet in einem Podcast von seinen Burnout-Erfahrungen und macht dabei einen interessanten Punkt: Je mehr äußere Grenzen in der modernen Arbeitswelt verschwinden, desto wichtiger wird es, persönliche Grenzen zu ziehen. Wenn Terminkalender offen sind und theoretisch jeder Meetings einbuchen kann, werden bewusst geschützte Zeiten für konzentrierte Arbeit überlebenswichtig.

Mitarbeiter:innen suchen verstärkt nach einem "Safe Space" für fokussiertes Arbeiten. Dies erfordert:

  • Geblockte Fokuszeiten

  • Spezielle Deep-Work-Areas

  • Durchdachte Meeting-Routinen


Die Balance zwischen Flexibilität und Verbindlichkeit

"Die Entscheidung, ins Office zu kommen, ist abhängig vom zu erwartenden Ergebnis", heißt es im Harvard Business Manager (Rief, 2020). Diese Aussage verdient besondere Aufmerksamkeit: Flexibilität bedeutet nicht Autonomie. Am Ende des Tages haben sich Mitarbeiter:innen und Unternehmen zur gemeinsamen Wertschöpfung verabredet, stellt Jule Jankowski treffend fest.


Räume neu denken

Die Herausforderung für Unternehmen besteht darin, Arbeitsumgebungen zu schaffen, die sowohl Beziehungsgestaltung als auch konzentriertes Arbeiten ermöglichen. Das bedeutet:

  • Flexible Projektarbeitsplätze für teamübergreifende Zusammenarbeit

  • Ruhezonen für Deep Work

  • Begegnungsräume für den informellen Austausch

  • Moderne Cafeterien, die verschiedene Nutzungsmöglichkeiten bieten

Die Neugestaltung von Arbeitsräumen ist jedoch nur ein Aspekt der Transformation. Um das volle Potenzial dieser flexiblen Umgebungen auszuschöpfen, bedarf es einer grundlegenden Veränderung in der Art und Weise, wie wir Arbeit organisieren und ausführen. Hier kommt ein weiteres Schlüsselkonzept ins Spiel: gelebte Agilität.


Gelebte Agilität als Schlüssel

Agilität ist mehr als nur ein Buzzword oder eine Reihe von Prozessen. Es ist eine Denkweise, die tief in der Unternehmenskultur verankert sein muss. Gelebte Agilität bedeutet, dass Unternehmen und ihre Mitarbeiter:innen flexibel auf Veränderungen reagieren und sich kontinuierlich weiterentwickeln können. In der Praxis zeigt sich gelebte Agilität durch:

  • Adaptive Arbeitsumgebungen: Räume werden zu flexiblen Unterstützern der Organisation. Ein Meetingraum kann morgen schon ein Kreativlabor sein, übermorgen vielleicht eine temporäre Deep-Work-Zone.

  • Crossfunktionale Zusammenarbeit: Teams werden nicht mehr starr nach Abteilungen gebildet, sondern je nach Projekt und benötigten Fähigkeiten zusammengestellt. Dies fördert den Wissensaustausch und bricht Silodenken auf.

  • Kontinuierliches Lernen: Mitarbeiter:innen werden ermutigt, sich ständig weiterzubilden und neue Fähigkeiten zu erwerben. Dies kann durch interne Workshops, externe Schulungen oder Peer-to-Peer-Learning geschehen.

  • Iteratives Arbeiten: Statt lange Planungsphasen und starre Projektpläne zu haben, wird in kurzen Zyklen gearbeitet. Feedback wird früh eingeholt und Anpassungen werden schnell vorgenommen.

  • Fehlerkultur: Misserfolge werden nicht bestraft, sondern als Lernchancen begriffen. Dies fördert Innovation und ermutigt Mitarbeiter:innen, neue Ideen auszuprobieren.

  • Selbstorganisation: Teams erhalten mehr Autonomie in der Gestaltung ihrer Arbeitsprozesse. Sie entscheiden selbst, wie sie am besten ihre Ziele erreichen.

  • Digitale und analoge Agilität: Es werden sowohl digitale Tools für die virtuelle Zusammenarbeit als auch analoge Methoden wie Design Thinking Workshops genutzt - je nachdem, was für die jeweilige Aufgabe am sinnvollsten ist.


Gelebte Agilität erfordert ein Umdenken auf allen Ebenen des Unternehmens. Führungskräfte müssen lernen, Kontrolle abzugeben und Vertrauen in ihre Teams zu setzen. Mitarbeiter:innen wiederum müssen bereit sein, mehr Verantwortung zu übernehmen und proaktiv zu handeln.


Der Weg zu Good Work: Die 5 Prinzipien nach Jule Jankowski

Die Transformation der Arbeitswelt erfordert einen strukturierten Ansatz. Jule Jankowski hat dafür fünf zentrale Prinzipien definiert, die den Weg zu Good Work weisen:


Prinzip 1: Denken in Möglichkeiten

Statt an starren Strukturen festzuhalten, geht es darum, neue Wege zu erkunden. Ein Beispiel: Statt die klassische Bürostruktur einfach durch Homeoffice zu ersetzen, könnte ein hybrides Modell entwickelt werden, das die Vorteile beider Welten vereint. Dieses Prinzip lädt Unternehmen ein, über den Tellerrand zu schauen und kreative Lösungen zu entwickeln.

Prinzip 2: Gelebte Agilität

Auch für Jule Jankowski stellt gelebte Agilität einen zentralen Punkt dar. Echte Agilität setzt den Fokus auf den praktischen Nutzen, nicht auf die strikte Einhaltung von Prozessen. Dies bedeutet, dass Teams die Freiheit haben, Methoden und Werkzeuge flexibel anzupassen, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Dabei steht die Wertschöpfung für den Kunden und das Unternehmen im Vordergrund, nicht das sture Befolgen vorgegebener Abläufe oder Frameworks.

Prinzip 3: Digitale Balance

In Zeiten hybrider Arbeit ist die richtige Balance entscheidend. Hier gilt es, den optimalen Mix aus virtueller und persönlicher Zusammenarbeit zu finden:

  • Routinemeetings können effizient digital stattfinden

  • Kreative Prozesse profitieren oft vom persönlichen Austausch

  • Beziehungsaufbau braucht eine Mischung aus beiden Welten

Prinzip 4: Flexible Strukturen

Die Flexibilität muss sich sowohl in der physischen als auch in der organisatorischen Gestaltung der Arbeit widerspiegeln:

  • Deep-Work-Bereiche für konzentriertes Arbeiten

  • Offene Räume für spontane Kollaboration

  • Anpassungsfähige Arbeitszeiten

  • Flexible Meetingformate

Prinzip 5: Gelungene Beziehungsgestaltung

Das fünfte Prinzip bindet alle vorherigen Aspekte zusammen. Denn egal ob digital oder analog – am Ende geht es um Menschen und ihre Verbindungen zueinander. Eine moderne Cafeteria kann dabei ebenso wichtig sein wie gut strukturierte virtuelle Meetingräume.


Die Vernetzung der Prinzipien

Diese fünf Prinzipien sind keine isolierten Elemente, sondern greifen ineinander. Sie bilden das Fundament für eine Arbeitskultur, die sowohl die Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen als auch die Ziele des Unternehmens berücksichtigt. Der Erfolg liegt dabei in der ausgewogenen Implementierung aller Prinzipien.


Fazit: Der Mensch im Mittelpunkt

Die Zukunft der Arbeit liegt nicht in starren Vorgaben wie "alle zurück ins Büro" oder "komplettes Remote Work". Vielmehr geht es darum, ein Umfeld zu schaffen, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt und verschiedene Arbeitsweisen ermöglicht. Denn wie Jankowski betont: "Menschen haben keine Angst vor Veränderung, sie haben nur Angst, verändert zu werden."

Die Kunst besteht darin, Arbeitsumgebungen zu gestalten, die sowohl den Bedürfnissen der Mitarbeiter:innen als auch den Zielen des Unternehmens gerecht werden. Dies erfordert Mut zur Veränderung, klare Visionen und die Bereitschaft, neue Wege zu gehen.


Bereit für Good Work in Ihrem Unternehmen?

Die Arbeitswelt wandelt sich rasant. Wie Jule Jankowski aufzeigt, ist der Weg zu einer zukunftsfähigen Arbeitskultur komplex, aber lohnenswert. Die Balance zwischen Remote Work, Deep Work und menschlichen Beziehungen zu finden, ist die Herausforderung unserer Zeit.

BRAINS AND GAMES ist Ihr erfahrener Partner auf diesem Weg. Seit 1998 begleiten wir Unternehmen in der Organisationsberatung und verstehen die Dynamiken sich wandelnder Arbeitswelten. Wir unterstützen Sie dabei, die fünf Prinzipien von Good Work in Ihrem Unternehmen zu verankern. Unser Ziel: Eine Arbeitsumgebung zu schaffen, die sowohl die Bedürfnisse Ihrer Mitarbeiter:innen als auch die Ziele Ihres Unternehmens optimal vereint.

Lassen Sie uns gemeinsam Ihre Organisation für die Zukunft der Arbeit gestalten. Vereinbaren Sie jetzt ein unverbindliches Beratungsgespräch und entdecken Sie, wie wir Good Work in Ihrem Unternehmen Realität werden lassen.

Sie haben unser Kick-Off-Event der Veranstaltungsreihe “Good Work - Good Life” verpasst?

Hier gibt’s Jule Jankowskis Keynote vom 10. Oktober 2024 zum Nachhören:

Zurück
Zurück

Neue Arbeitswelten

Weiter
Weiter

Zurück ins Büro…